Verstrickungen. Kulturanthropologische Perspektiven auf Stricken und Handarbeit

Arantes, Lydia Maria: Verstrickungen. Kulturanthropologische Perspektiven auf Stricken und Handarbeit. Berlin, Panama-Verlag 2017, 350 S., 24 farbige Abb., 3 s/w-Abb., ISBN: 978-3-938714-55-3

REZ Schweynoch Stricken titel klein

Ein großer Teil dieser anthropologischen Studie „Verstrickungen“ beschäftigt sich mit dem Fach der Kulturanthropologie selbst, seinen Richtungen, seiner in den letzten Jahrzehnten statt gefundenen Neuorientierung sowie der damit einhergehenden Neudefinierung und Umbenennung des Faches aus dem Blickwinkel einer Wissenschaftlerin und Strickerin.

Ihr anfängliches Dilemma war es, so die Autorin, selbst Strickerin zu sein. Dies baute sie jedoch zu ihrer Stärke aus. Zur Auflösung des Dilemmas nutzt Arantes neben den im Fach gängigen Methoden, zusätzlich Strategien aus der Psychologie. Damit eröffnete sie das Feld auch für pädagogische Blickweisen, die sie gern tiefgehender bearbeitet sehen möchte, sowie für therapeutische Ebenen des Themas. Etwa indem die Autorin die These, dass Handwerken, hier Stricken, die Kluft zwischen Innen- und Außenwelt zu überbrücken vermag, vertieft oder Bezug nimmt auf das sogenannte Haut-Ich (nach D. Anzieu 1929-1999). Gemeint ist damit, die auf der Haut zu spürende Berührung der Wolle beim Arbeiten und das gleichzeitige Berührt werden vom entstehenden Produkt. Die Problematik, das Thema Stricken und Stricker*innen überhaupt wissenschaftlich anerkannt zu bekommen (in der Forschung liegt meist der fertige Gegenstand im Fokus) löste Arantes durch klare Anwendung und Erläuterung wissenschaftlicher Methoden wie der Ethnopsychologie, der anthropologie des techniques nach M. Mauss (1872-1950) und A. Leroi-Gourhan (1911-1986) und den material culture studies, sowie mit der Beschäftigung mit der Writing Cultur-Debatte der 1980er Jahre.
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Text: © Evelyn Schweynoch
Evelyn Schweynoch für netzwerk mode textil e.V. (online seit 12.11.2017)

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